Das ist Soziokultur.

Auch wenn Tausende jährlich die Angebote der Soziokulturellen Zentren nutzen, ist der Begriff SOZIOKULTUR noch nicht allen Nutzer/innen, Politiker/innen, Kulturverantwortlichen und Medien vertraut.

Soziokultur mischt sich ein. Sie kommentiert, gestaltet und verändert die Welt in der wir leben.

„Jegliche Kultur sollte Soziokultur sein“ (Prof. Dr. Hermann Glaser) 
Mit dieser Aussage wird Kultur als etwas begriffen, das mit dem Alltag und dem Leben der Menschen direkt zu tun hat; also keineswegs nur als „rein geistige“ Sphäre, in der allein die Kunst als Kultur gilt.

Der Grundgedanke der Soziokultur entstand aus der Kritik an einem lebensfernen Kulturbegriff, der vorgibt, unveränderlich zu sein und die „einzig wahren“ Werte zu transportieren. Daraus folgend, kann Kulturpolitik nicht ausschließlich „Kunstpolitik“ sein, sondern muss Teil einer umfassenden Gesellschaftspolitik werden.

SOZIOKULTUR ist keine Bewegung gegen die Kunst, denn sie ist Teil eines umfassenden Kulturbegriffs. Indem sie kreative Potentiale freisetzt, ermöglicht sie vielen Menschen den ersten Zugang zu künstlerischen Formen und Gestaltungsweisen.

SOZIOKULTUR bezieht alle Kunstformen ein. Sie ist Literatur, Bildende und Darstellende Kunst. Sie nutzt die neuen Medien. Sie ist Musik in jeder Spielart. Sie bezieht wissenschaftliche Arbeiten ein und arbeitet genreübergreifend.

SOZIOKULTUR will gestalten, will lebendige Veränderung, will Kultur als einen Lebensort, der allen offen steht, durch jede/n zu begreifen und zu bereichern ist.

SOZIOKULTUR ist eine aktive Kultur, die durch Beteiligung lebendig wird. Die von allen gestaltet werden kann – unabhängig vom Alter, unabhängig von sozialer oder geografischer Herkunft, von Religion oder Geschlecht. Umgesetzt von Einrichtungen, Vereinen und Initiativen „vor Ort“, im Stadtteil, in der Region.

SOZIOKULTUR ist eine soziale Kultur. Sie integriert. Sie sensibilisiert und bildet. Sie basiert auf Kommunikation. Sie fördert das Miteinander und die Demokratiefähigkeit der Menschen.

Die Landesarbeitsgemeinschaft Soziokultur gab 2013 den Kriterienkatalog Soziokultur heraus:


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Die Leipziger Soziokulturellen Zentren ergänzen 
die soziokulturellen Kriterien aus ihrer Perspektive:



SOZIOKULTUR ist eine aktive Kultur, die von der Beteiligung der Menschen lebt.
SOZIOKULTUR ist die am engsten an das Gemeinwesen und bürgerschaftliches Engagement gebundene Kultursparte. Sie nimmt soziale Defizite und Potenziale wahr, greift sie auf, wendet sich bewusst allen Bürgerinnen und Bürgern zu, unabhängig von Alter, Geschlecht, sozialer und geografischer Herkunft. Ihre wesentlichen Merkmale sind:

  • die Offenheit des Zugangs zu Kunst und Kultur für alle Alters- und sozialen Gruppen durch die alltägliche Präsenz der Orte (soziokulturelle Einrichtungen, öffentlicher Raum) im Lebensumfeld der Menschen,
  • die Überwindung der tradierten Trennung von professioneller künstlerischer Produktion und kreativem Schaffen aller einerseits und zwischen Kunstproduktion und -rezeption andererseits durch entsprechende Angebots- und Partizipationsstrukturen,
  • die spartenübergreifende Sicht auf Kunst und Kultur, indem sie in die tradierte Trennung der künstlerischen Genres in der Vielfalt ihrer Angebote überwindet,
  • die Einbindung künstlerischer Prozesse in die Kommunikation und Gestaltung der alltägliche Lebensprozesse der Menschen,
  • die Schaffung von individuellen Wirksamkeitserfahrungen für unserer Teilnehmer*innen an künstlerischen Beteiligungsprojekten durch die öffentliche Präsentation der Arbeitsergebnisse und die Einbindung von niedrigschwelligen
  • die freie Trägerschaft der soziokulturellen Einrichtungen und Projektträger mit den Potentialen demokratischer Selbstorganisation und -verwaltung,
  • die Beteiligungsorientierung, die generations- und milieuübergreifend potenziell alle
  • Bevölkerungsgruppen zur Entwicklung und Nutzung ihrer kreativen Potenziale anregt
  • das Interdisziplinäre und die enge Verflechtung von Kultur-, Jugend-, Bildungs- und Sozialarbeit,
  • die Verflechtung der institutionalisierten, auf Dauer angelegten Arbeit in den Einrichtungen mit der Experimentalität und Flexibilität der Projektmethode,
  • die besondere Zuwendung zu benachteiligten Gruppen, um Integrationschancen zu verbessern.

Die Orientierung soziokultureller Programmatik und Praxis auf Gemeinwesen und Bürgerinteressen ist der Grund, dass SOZIOKULTUR in enger Wechselwirkung zu andern „außerkulturellen“ Lebensbereichen steht. Soziokulturelle Arbeitsfelder richten sich daher neben den vielfältigsten Formen kulturell-künstlerischen Schaffens einschließlich der kulturellen Bildung auch auf Problemlagen in der Jugend- und Sozialarbeit, der Migration, der Demokratieentwicklung, der Stadt- und Stadtteilgestaltung u. v. a. m. Damit sind vielfältige Schnittstellen zu anderen städtischen Bereichen und Fachplanungen (Stadtentwicklung, Jugend, Soziales, Migration und Integration) gegeben.
Der für die SOZIOKULTUR exemplarische integrative Arbeitsansatz von sozialpädagogischer Begleitung, künstlerischer Anleitung und Ermutigung zur Selbstorganisation ist auch in Leipzig ein erfolgreiches Konzept.

Die Geschichte der Soziokultur in Leipzig



Die Geschichte der Soziokultur begann offiziell am 1. September 1991, als zwischen fünf Vereinen und der Stadt Leipzig ein Vertrag über Freie Trägerschaft unterschrieben und ein „Modellprojekt Soziokultur in Leipzig“ ins Leben gerufen wurde. Dem voraus gegangen war ein gemeinsam erarbeitetes Konzept zur „aktiven Teilhabe an kulturellem Handeln“ – im Stadtteil und darüber hinaus.

Ehemalige Jugendklubhäuser/Kulturhäuser gingen damit in die Trägerschaft der meist 1990 gegründeten Vereine über und wurden dementsprechend umbenannt:

  • der ANKER (Möckern) in Anker e.V.
  • der „Eiskeller“ (Connewitz) in Projekt Verein e.V./Conne Island
  • das „Jürgen Schmidtchen“ (Schönefeld) in Frauenkultur e.V. (jetzt in Connewitz)
  • die Nationale Front (Südvorstadt) in Kultur und Kommunikationszentrum naTo e.V.
 und
  • das Haus Steinstraße (Südvorstadt) in Haus Steinstraße e. V.

Die Versammlung des Stadtrates formulierte 1991 die Erwartung, dass mit der Übergabe dieser neuen Zentren „… Orte soziokultureller Arbeit und lebendiger demokratischer Kommunikation geschaffen werden, die durch die Trägerschaft der Vereine auch die Effizienz der Tätigkeit erheblich und dauerhaft sichert.“

Im Rahmen eines Modellprojektes unterstützte die Stadt Leipzig den Übergang mit einen fünfjährigen Vertrag für ein institutionelle Förderung. Bei der anstehenden Vertragsverlängerung kam 1996 die Begegnungsstätte Mühlstraße (Reudnitz/Thonberg) hinzu. Diese sechs Zentren sind seit dem über immer wieder verlängerte Rahmenverträge abgesichert.

1996 wurde das WERK 2 (Connewitz) in die institutionelle Förderung aufgenommen. Seit 2011 erhält auch die VILLA (Zentrum) eine institutionelle Förderung. Das GeyserHaus (Eutritzsch) folgte ein Jahr später. Seit Januar 2017 gehört auch das Budde-Haus wieder in den Kreis der Soziokulturellen Zentren und wird institutionell gefördert.

Die Standorte der Zentren sind historisch gewachsen, ihre Angebote ergänzen einander und sie sind in den vielen Jahren ihrer Entwicklung zu unverzichtbaren Säulen des kulturellen, sozialen und kommunikativen Gefüges in ihren Stadtteilen geworden – effizient und lebendig.

In Leipzig wird heute die soziokulturelle Arbeit neben den Zentren der AG Soziokultur von zahlreichen weiteren Initiativen und Projekten getragen. Die Kontinuität und hohe Qualität ihrer Arbeit, die von Veranstaltungen, Kursen und Workshops über fachliche Kinder- und Jugendarbeit, die Bereitstellung von Räumen für nachwachsende Initiativen und Interessen, die Einbindung in soziale Bewegungen bis hin zu gastronomischen Angeboten, zu Arbeits-, Praktikums- und Ausbildungsplätzen reicht, bildet eine wesentliche Grundlage für die hohe Lebensqualität in der Kulturstadt Leipzig.

Die Entwicklung der Soziokulturellen Zentren in Leipzig wurde in der Entwicklungskonzeption Soziokultur 2008 – 2013 festgeschrieben.